stärker bouldern durch detox
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Stärker bouldern durch Detox? Meine Erfahrung nach 4 harten Tagen.

Stefanie | 25. Juni 2018
2 Kommentare

"Kann ich stärker bouldern, obwohl ich eine Pause von mehreren Wochen gemacht habe?" habe ich mich gefragt.

Vor vielen Jahren habe ich solche Pausen sofort gemerkt. Beim Bouldern und noch mehr beim Klettern. Mittlerweile läuft es meistens besser. Mit regelmäßigem Yoga habe ich es geschafft, die Kraft und Geschmeidigkeit zu halten. Auch die Technik kann ich leichter abrufen.

Diesmal hatte mein Yoga aber für eine Weile keinen spezifischen Kraftfokus. Und es gab noch eine Besonderheit: Ich habe kürzlich eine 4 Tage Reinigungskur zum Entgiften gemacht. Ich war total k.o. - es war schwer.

Werde ich beim Bouldern einen positiven oder negativen Unterschied merken?

Die Kurzfassung für Schnell-Leser

  1. Wenn du stärker bouldern willst, können dir viele Stellschrauben helfen - manche vielleicht mehr als Krafttraining. Ich war neugierig, wie eine bessere Verdauung das Bouldern beeinflusst.
  2. Der erste von vier Tagen von der Reinigungskur war heftig. Fast hätte ich aufgehört. Dann habe ich es aber doch durchgezogen. Das Gefühl danach: bemerkenswert mehr Energie.
  3. Nach ein paar Tagen in der Halle habe ich gemerkt, dass ich tatsächlich stärker bouldern konnte. Die Höhe war wieder gewöhnungsbedürftig. Aber die Energie war immer noch da. Auch pumpige Dächer haben geklappt.
  4. Die Schwierigkeit wird nun sein, nicht wieder in alte Gewohnheiten zurückzufallen. Wie halte ich die Balance zwischen gesundem Essen und ungesunderem Essen, zum Beispiel bei Einladungen?

Willst du die ausführliche Version? Dann lies weiter.

Stärker bouldern: Warum denken viele nur an Krafttraining?

Es liegt nahe, die Armkraft zu steigern, wenn du stärker bouldern willst, stimmt's?

Trotzdem wundert es mich, dass viele Kletterer nicht auch an andere Faktoren denken. Yoga hat mich schon vor mehreren Jahren überzeugt, dass stärker bouldern nicht nur Krafttraining bedeutet.

Kraft mit Yoga
Was ich bei kräftigenden Yoga-Haltungen klasse finde: Du stärkst nicht nur die Arme, Beine, Körperspannung. Du trainierst auch eine bewusstere Atmung und achtsame Einstellung. So lernst du, mehr auf den Körper zu hören. Das ist bei fordernden Problemen ungemein wichtig, um Überlastungen zu vermeiden.

Es gibt so viele Stellschrauben zum Optimieren! Mehr Kraft ist ein Teil davon.

Einen einzigen Teil zu verbessern hilft sicher. Noch mehr bringt es, wenn du den Systemgedanken heranziehst: In welchem Zusammenspiel funktionieren dein Körper und dein Kopf als Ganzes am besten, um stärker zu bouldern?

Es ist ein bisschen wie eine Wasserleitung. Wenn du mehr Wasser am anderen Ende herausbekommen willst, kannst du ...

  1. ... natürlich den zehnfachen Input an Wasser hineingeben.
  2. ... Störfaktoren in der Leitung optimieren und die Wassermenge lediglich verdoppeln.

Ich finde das Bild sehr anschaulich, weil es zeigt, dass mehr Input nicht immer das beste Ergebnis bringt. Die Reinigungskur war für mich ein sehr gutes Beispiel dafür.

Wie lief die Reinigungskur ab?

Es gibt verschiedene Arten, wie du so eine Reinigungskur machen kannst. Ich habe die "Colon Cleanse" von Tyler Toleman gemacht. In der Hardcore-Version dauert sie 4 Tage, ohne Lebensmittel zu sich zu nehmen.

Du kannst dir das so vorstellen, dass du fünf Mal am Tag eine Art schnellquellenden "Haferbrei" zu dir nimmst. Also Pulver mit Wasser (oder Apfelsaft) gemischt. Dazwischen trinkst du mindestens einen Liter Wasser.

Die Mischung quillt auf und bewirkt eine Art innerer Putz. Das geht langsam, du rennst dann also nicht gleich aufs Klo.

Der erste harte Tag: noch schlimmer als gedacht

Ich hatte die Reinigungskur letztes Jahr zum ersten Mal ausprobiert und erinnerte mich daran, wie schlimm der erste und zweite Tag waren. Diesmal war der erste Tag noch schlimmer mit Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit. Mit mir war nichts anzufangen.

"Warum tust du dir das an? Das ist doch voll masochistisch", meinte Carlos. "Wirf das Zeug weg."

Ich habe es nicht offen zugegeben, aber insgeheim habe ich ihm zugestimmt.

Ich fühlte mich voll bis oben und fühlte mich wie nach einer kurvenreichen Busfahrt in den Anden. Abends hing ich dann über der Kloschüssel und verfluchte das Ganze. Was für eine bescheuerte Sache.

Wenn es morgen nicht besser wird, höre ich damit auf, schwor ich mir.

Dann wurde es besser.

Ich konnte das Pulver schon nach dem ersten Tag nicht mehr sehen. Als ich begann, es mit frischem Apfelsaft zu mischen, wurde es erträglicher.

Die restlichen Tage waren zum Glück nicht mehr heftig. Ans Aufhören dachte ich nicht mehr. Nachdem der erste Tag das Schlimmste war, konnte ich genauso gut weitermachen.

Die Müdigkeit war erstaunlich. Langsames Yin-Yoga tat mir sehr gut. Einfache Haltungen und mehrere Minuten drinbleiben. Alles andere war zu viel.

Ruhiges Yoga
Entspannte Haltungen wie das Nadelöhr waren so wohltuend in der Zeit! Yin-Yoga verfolgt im Gegensatz zum kräftigenden Yang-Stil einen passiven Ansatz. Wenn du sowieso müde oder erkältet bist, ist es wichtig, sich nicht noch mehr zu fordern, sondern einen Gang runterzuschalten. Dabei kann Yin-Yoga sehr hilfreich sein, um sich schneller zu regenerieren und mehr Energie zu tanken.

Es war seltsam, dass ich an den anderen Tagen immer wieder an Themen dachte, die mich beschäftigten und auch nervten. Ich wunderte mich auch, dass ich oft einen unglaublichen Appetit auf die allermöglichsten Sachen bekam. Obwohl ich keinen Hunger hatte. Interessant, was Essen für einen emotionalen Faktor hat.

Das Gefühl danach

Nach den endlos langen vier Tagen kam das ersehnte Gefühl von Leichtigkeit und Energie. Endlich! Richtig, richtig gut. Es lässt sich schwer beschreiben. Es ist ein bisschen so, wie wenn du nach einem mehrtägigen, anstrengenden Trekking endlich ankommst, den schweren Rucksack ablegst und dich 5 Kilo leichter fühlst.

In der Halle: stärker bouldern oder nicht?

Am Montag nach der Reinigungskur veranstalteten wir unser monatliches Boulder-Yoga-MeetUp. Wie wird es dort nach der 4-wöchigen Pause laufen? Wird die Reinigungskur eine positive Auswirkung haben? Oder eher umgekehrt? So k.o. wie ich war, werde ich das vielleicht bei der Kraft merken?

Bei hohen Boulderproblemen mit der Schlüsselstelle am letzten Zug hatte ich Schwierigkeiten. Da meldete sich der Kopf und ich kam kurz ins Zweifeln. Ich habe dann weitergemacht, und es ging. Aber ich merkte, dass ich in der Höhe schnell außerhalb der Komfortzone war.

Überhänge und pumpige Problemen in moderater Höhe haben gut geklappt. Weit besser als erwartet. Selbst als bei einem dynamischen Zug im Dach zwei Mal die Füße wegflogen, habe ich sie wieder an die Wand gebracht und bin weitergeklettert.

Von Müdigkeit, wie sonst oft nach zwei Stunden bouldern, keine Spur. Und das, obwohl wir diesmal keinen Mate-Tee mitgenommen haben. Nur selbstgemachten Apfel-Karottensaft.

bier nach dem bouldern
Das tut nach dem Bouldern so gut! Wir bleiben immer beim alkoholfreien Weizen. Sicher ist das besser als die Variante mit Alkohol nach dem Bouldern. Ob es wirklich gesund ist, weiß ich nicht. Solange es in Maßen ist, finde ich es okay. Lieber etwas ab und zu konsumieren und genießen, statt zwanghaft darauf zu verzichten und die schlechte Laune am Umfeld auslassen. 🙂

Wie kann ich weitermachen?

Bei den heftigen Entgiftungserscheinungen dachte ich, wie viel der Körper doch aushalten kann von dem, was ich so zu mir nehme.

Vieles fühlt sich gesund an, manchmal gibt's aber auch paar Ausreißer. Wie die Pizza nach dem Bouldern. Wie sehr alkoholfreies Weizen gesund ist, weiß ich nicht. Das ist für mich okay. Ich will nicht in Extreme verfallen. Gerade bei Einladungen finde ich es unangebracht zu sagen "Nee danke, dein Essen ist für mich viel zu ungesund. Ich habe schon zuhause gegessen. Aber ich nehme gerne ein Wasser."

Welche Möglichkeiten gibt es, die relativ leicht umzusetzen sind und eine hohe Auswirkung haben? Im Moment denke ich vor allem daran:

Smoothie-Zutaten
Säfte und vereinzelt auch Smoothies statt einem traditionellen Frühstück oder fürs Klettern mache ich weiterhin. Chia-, Hanf- und Leinsamen erhöhen das Sättigungsgefühl. Ich habe auch den Eindruck, dass sie mehr Energie geben.

Gesunde Ernährung ist sehr verwirrend, finde ich. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es viele unterschiedliche Interessen gibt. Ich denke aber, wir können wieder lernen, mehr auf unseren Körper zu hören und selbst proaktiv werden anstatt darauf zu hören, was Industrien vorgeben.

Wenn dir auch noch Tipps zu gesünderer Ernährung einfallen, lass es mich gerne wissen.

Fazit und Tipps

Wenn du Kletterer anschaust, die stärker bouldern und klettern, wirst du sehen, dass sie auch nicht so aussehen, als ob sie nebenbei Bodybuilding machen würden. Stärker bouldern braucht mehr als nur Armkraft. Nichts gegen mehr Kraft. Aber das alleine bringt dir vielleicht nicht so viel, wie wenn du das Bild größer machst.

Wenn du stärker bouldern willst, frag dich also nicht nur, wie es mit deiner Kraft aussieht. Frag dich auch, ...

Hier habe ich nicht an Kraft, Körperspannung, Technik angesetzt, sondern einen Schritt vorher bei der Verdauungsfunktion. Es hat mir gezeigt, dass ich da viel Potenzial habe. Die Herausforderung wird nun sein, das mittelfristig beizubehalten anstatt wieder in alte Gewohnheiten zurückzufallen.

Tipps

Wenn du jetzt auch auf den Geschmack gekommen bist, habe ich folgende Tipps für dich:

  1. So eine Kur ist nicht für jeden unbedenklich. Medizinischer Rat ist dann sinnvoll. Manchmal wirst du aber möglicherweise hören, dass du das nicht brauchst. Wir merken aber oft gar nicht, was wir alles mit uns herumtragen und denken, die Müdigkeit und Energielosigkeit sind normal.
  2. Finde ein System, das für dich passt. Mir persönlich sind 4 Tage lieber als eine 30-Tage-Kur.
  3. Halte dir die ersten Tage frei, schalt einen Gang runter und tu dir was Gutes.
  4. Wenn du vorher schon eine Woche (oder länger) deine Ernährung anpasst, wird es vielleicht besser.

Ich werde das nächste Mal vorher mal einen Obst-Gemüse-Tag machen und auf viele Ballaststoffe achten. Eine Portion von der Kur für 3 oder 4 Tage ist nämlich übrig geblieben. 🙂

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2 Kommentare zu “Stärker bouldern durch Detox? Meine Erfahrung nach 4 harten Tagen.

  1. Hi Stefanie,
    mein erstes (und einziges) Fasten hat meine grundsätzliche Haltung zum Essen und zur Ernährung geändert. Seitdem ernähre ich mich bewusster (Obst, Gemüse, aber immer noch gerne Eis – aber dafür konzentrierter auf zwei bis dreimal pro Tag) und lasse die vielen kleinen Naschereien zwischendurch (meistens) weg.
    Auch die Mengen sind weniger, die Leistungsfähigkeit aber nicht (solange ich keine lange Radtour von mehreren Stunden vorhabe).
    Beschwerden werden weniger, wenn ich auf der Matte angepasst übe und nicht Grenzen überschreite – aber auch nicht zu faul, netter: träge, werde.
    Yoga ist halt nicht nur üben auf der Matte sondern eine Lebensphilosophie, die Ernährung und Sozialverhalten mit einschließt.
    Jens 🙂

    1. Hi Jens, danke fürs Teilen deiner Erfahrung. Das hört sich an, als ob du eine gute Balance gefunden hast. Sowohl bezüglich essen als auch auf der Matte.

      Bei Radtouren, Trekking usw. ist ein anderer Input erforderlich. Da verschätzten wir uns einmal stark. 🙂 Wir hatten nicht damit gerechnet, dass wir so einen Bärenhunger haben werden. Da finde ich es auch okay, Ausnahmen zu machen.

      Beim Fasten gibt es ja auch verschiedene Optionen. Da hatte ich bisher viele Vorbehalte, weil ich glaube, dass reines Fasten mit Wasser und Brühe mir zu heftig wäre. Bei dieser Kur hatte ich in den ersten Tagen wenigstens ein starkes Sättigungsgefühl.
      Es gibt auch Saftfasten, was ich noch nicht ausprobiert habe.

      Schöner Schluss. Jeder darf für sich entscheiden, was Yoga beinhaltet. Für mich gehört neben dem körperlichen Teil auch dazu, auf mich zu achten und das zu machen, was mir guttut. Konsequent Grenzen ziehen. Wenn es mir richtig gut geht, gebe ich das automatisch an mein Umfeld weiter. Wenn meine Laune unten ist, ziehe ich andere auch runter – ob ich es merke oder nicht.

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