
Schreibe deinen eigenen Kletterfilm
Nima Ashoff | 4. Dezember 2017
Kommentar 1
Hast du dir mal überlegt, wie es wäre, einen eigenen Kletterfilm zu erfinden? Wahrscheinlich eher nicht, oder? Auf so Ideen kommt man nicht einfach so, es sei denn der Anstoß kommt von jemandem. Lies hier, welchen Film ich erst aus Frust gewählt habe, was es mit dem Gedankenkonstrukt "eigener Kletterfilm" auf sich hat und warum ich die Idee für entspannteres Klettern sehr hilfreich finde.
Fünf Monate war ich nicht mehr klettern. Als ich das erste Mal wieder am Fels stehe, will es nicht so laufen wie erhofft. Obwohl ich versuche es ruhig anzugehen, baut sich im Hintergrund Druck auf. Selbst gemacht natürlich.
Dann erinnere ich mich an eine Übung, die mir beim Druckabbau am Fels helfen könnte.

„Beschreibe dein letztes Mal beim Klettern mit einem Filmtitel.“
Als ich diesen Spruch bei Facebook lese, liegt gerade mal wieder ein ziemlich frustrierender Klettertag hinter mir.
Meine Wahl fällt daher auf den Titel „Titanic“. In den Routen bin ich heillos abgesoffen. Passt also ganz gut.
Beim Lesen der anderen Antworten durchgelesen habe, muss ich dann ziemlich lachen.
Cast away – verschollen, The Falling, … denn sie wissen nicht, was sie tun oder Mission impossible sind nur ein paar davon.
Obwohl es am Fels nicht so gut gelaufen ist, kann ich zumindest wieder schmunzeln und das Ganze aus einer humorvollen Perspektive betrachten.
Leichter gedacht als umgesetzt
Tagsüber beim Klettern will mir genau das nicht gelingen. Ich setze mich selber unter Druck und bin mit meiner Leistung unzufrieden.
„Das ist doch bloß eine 5c und ich sehe absolut kein Land? Das kann doch echt nicht wahr sein“, sind noch die freundlichen Gedanken.
So oft spreche ich davon, geduldig und nett mit sich selber umzugehen und dann das. Anstatt es nach meiner fünfmonatigen Kletterpause locker anzugehen, gerate ich unter Stress.
Schließlich hat mein Freund genauso lange pausiert, nachdem er sich im Mai die Hand gebrochen hat. Bei ihm läuft es allerdings hervorragend! Und zack, schon stecke ich in der Vergleichsfalle.

Die Kraft der Vorstellung: so tun als ob
Das Spiel mit den Filmtiteln ruft mir eine Übung in Erinnerung, die ich wenige Wochen vorher bei einem Höhenangst-Training kennenlernen durfte.
Bei dieser Übung geht es darum, so zu tun als ob. Das Ziel ist, dein Verhaltensrepertoire zu erweitern, indem du einfach mal in eine andere Rolle schlüpfst.
Hier ein Beispiel:
Wenn ich bei steilen Zustiegen Angst bekomme, nehme ich eine sehr verkrampfte Körperhaltung ein. Diese hilft mir aber nicht, um solche Passagen sicher gehen zu können. Deshalb habe ich die Aufgabe bekommen mir vorzustellen, ich sei eine stolze Königin, die den Weg anmutig läuft.
Gut, ich bin deshalb nicht wie ein Reh über den steilen Abschnitt gehüpft, das wäre auch zu schön gewesen. Eine Veränderung in meiner Körpersprache war aber sichtbar und damit verbunden war auch eine Veränderung meiner Gefühle.

Körper und Gefühle hängen nun mal eng zusammen. Verändere ich das eine, wirkt sich das auch auf das andere aus. Dieses Prinzip macht sich auch die Progressive Muskelentspannung zunutze. Indem ich meinen Körper entspanne, löse ich auch psychische Verspannungen.
Ein weiterer Vorteil dieser Übung war, dass ich etwas hatte, worauf ich mich konzentrieren konnte. So war mein Fokus nicht mehr rein auf die Wahrnehmung der Angst ausgerichtet.
Wie sähe dein eigener Kletterfilm aus?
Damit das nächste Klettern wieder entspannter verläuft, kommt mir diese Idee. Anstatt erst im Nachhinein einen Filmtitel zu vergeben, kann ich doch auch im Vorfeld einen wählen? Genau wie bei der Übung aus dem Höhenangst-Training suche ich mir einfach einen Film aus, der mich motiviert. Statt mich zu stressen, darf es auch gerne eine Komödie sein.
Warum nicht mit Humor an die Sache herangehen? Wieso nicht in eine andere Rolle schlüpfen und sich ausprobieren?
Das Klettern soll Spaß machen und kein selbst auferlegter Zwang sein. Vielleicht liegt dir ja die Rolle als Lara Croft oder als Batman? Natürlich können es auch ganz andere Filmfiguren sein, durch die du dich inspirieren lässt.
Worauf ich hinaus will, ist das hier: Deine Gedanken bestimmen dein Handeln. Veränderst du dein Denken, dann beeinflusst du also auch dein Tun.
Wenn nicht ein Film, welcher Song würde fürs Klettern passen?
Wenn du dir das mit dem Kletterfilm nicht richtig vorstellen kannst und lieber Musik magst, dann such dir einen passenden Song aus. Einen, der gute Laune macht oder dich pusht. Irgendwas, das dir guttut! Der Vorteil eines Liedes ist, dass du es beim Klettern summen oder singen kannst. Gerne auch so leise, dass es keiner hört.
Singen hilft nämlich gegen Angst, weil sich dadurch die Ausatmung verlängert. So signalisierst du deinem Körper, es sei alles o.k.
Zu meinem nächsten Kletterausflug nehme ich nicht nur Essen und Getränke mit, sondern packe auch eine Liste mit Anregungen ein. Ja, diese schreibe ich extra auf, damit ich nicht weiter darüber nachdenken muss und sie griffbereit habe.
Daraus lässt sich dann übrigens auch ein nettes Spiel machen, indem die Kletterpartner einen Zettel mit Adjektiven ziehen. Ob anmutig, elegant, zielstrebig, verspielt, bewusst oder furchtlos – ihr werdet bestimmt Spaß haben!
Interessante Idee mit dem Film. Mir fällt „Natürlich Blond“ ein. 😀
So habe ich mich jedenfalls am Anfang beim Klettern gefühlt, schmächtig und total fehl am Platz! Das Durchbeißen passt hier aber perfekt, oder um es etwas entspannter auszudrücken das „schrittweise erarbeiten“. Die Frage ist für mich immer, wo der Fokus liegt. Ich schaue oft mehr auf das Erarbeiten von einem Schritt, von demher macht es mir auch nichts aus, wenn ich eine Route nicht durchsteige. Da geht’s für mich mehr um das Lernen und Überwinden. Beim Bouldern ähnlich, aber doch etwas anders.
Das mit dem Singen habe ich auch einmal erlebt. Ich war mit einer Freundin und zwei Freunden in Spanien Mehrseillängen klettern, und naja alpin ist halt doch etwas anders. Bei einem etwas wackeligen Stand hat sie so Angst bekommen, dass mir schon bange wurde, weil es in der 5. Seillänge doch etwas schwierig ist mit dem schnellen Runtergehen. Yesterday singen hat geholfen. Hat mich selbst etwas erstaunt. Ich kann mir vorstellen, dass mit Musik die Verankerung noch stärker ist als mit einem Film, weil der Film in der Vorstellung vielleicht doch etwas weiter weg ist.